Die Geschichte der Missionsgesellschaft Bethlehem

Die Mis­si­ons­ge­sell­schaft Beth­le­hem kann auf ei­ne be­weg­te Ge­schich­te zu­rück­bli­cken, die bis ans En­de des 19. Jahr­hun­derts zu­rück­reicht. Sie setzt sich seit je­her und auf bis zu vier Kon­ti­nen­ten für Be­nach­tei­lig­te, ge­mein­schaft­li­ches Zu­sam­men­le­ben und Men­schen­rech­te ein.

Die Missionsgesellschaft Bethlehem (lat.: Societas Missionum Exterarum de Bethlehem in Helvetia, SMB) ist eine Gemeinschaft apostolischen Lebens von Priestern und Brüdern, die sich zum missionarischen Dienst zusammengeschlossen haben. Ihre Mitglieder orientieren sich an einem Leben nach den evangelischen Räten, verfolgen gemeinsame Ziele und führen ein brüderliches Leben in Gemeinschaft, legen im Gegensatz zu einer Ordensgemeinschaft aber kein Ordensgelübde ab.

Die Entstehungsjahre

Die Ursprünge der Missionsgesellschaft Bethlehem in Immensee gehen auf den französischen Priester Pierre-Marie Barral zurück. Er gründete 1895 in Meggen im Kanton Luzern die «Ecole apostolique de Bethléem», die 1896 ins acht Kilometer entfernte Immensee im Kanton Schwyz verlegt wurde. Aus ihr entstand dort das Gymnasium Bethlehem, welches heute als Gymnasium Immensee als eigenständige, private Mittelschule geführt wird. Im gleichen Jahr erschien die erste Ausgabe der vielsprachigen Monatszeitschrift «Bethlehem», die von 1972 bis 2017 unter dem Namen «Wendekreis» erschien.

Bezweckte das Institut ursprünglich die Ausbildung der Söhne armer Familien für den missionarischen Dienst in Europas verlassenen Pfarreien, so wurde im Laufe der Zeit die missionarische Tätigkeit in Asien, Afrika und Lateinamerika aufgebaut. Freundeskreise bildeten sich in Österreich, Italien, Frankreich, Großbritannien, Portugal und den USA. Schwierigkeiten des über Briefmarkenhandel, unlautere Spendenwerbung und Anleihen finanzierten Werks führten 1907 zu einer Reorganisation als Missionshaus Bethlehem durch den späteren ersten Generaloberen Pietro Bondolfi.

Geburtsstunde der SMB

Am 30. Mai 1921 wurde in Rom das päpstliche Dekret zur Errichtung des «Schweizerischen Seminars für auswärtige Missionen» ausgestellt. Pietro Bondolfi war der erste Generalobere. Ab 1934 hieß die Vereinigung «Gesellschaft für auswärtige Missionen von Bethlehem in der Schweiz» (Societas Missionaria de Bethlehem in Helvetia). Kurz ist sie als Missionsgesellschaft Bethlehem (SMB) bekannt.

Eine Philosophieklasse von Pietro Bondolfi (vorne, Mitte) um 1910. (Archiv SMB, FDC 115/22)

Der Nachwuchs für die Gesellschaft ging vorwiegend aus dem zu diesem Zweck in Immensee geführten Gymnasium Bethlehem hervor. Dazu gehörten die Progymnasien in Rebstein im Kanton Sankt Gallen (von 1926 bis 1973) und in Fribourg (von 1938 bis 1972). 1995 wurde das Gymnasium in eine private Stiftung überführt. Die Ausbildung der Priesteramtskandidaten begann 1922 im Seminar im luzernischen Wolhusen, wurde 1932 nach Schöneck (Emmetten NW) ins Bruder-Klausen-Seminar verlegt und erfolgt seit 1969 an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern.

1925 wurden erste Brüdermissionare zur Mitarbeit in Administration, Schule, Betrieben und Landwirtschaft aufgenommen. Die Brüder, wie auch die Priesteranwärter und Priester, verpflichten sich durch ein Versprechen, nach den Grundsätzen der SMB zu leben.

Die missions- und religionswissenschaftliche Forschung wurde 1945 mit der Gründung der «Neuen Zeitschrift für Missionswissenschaften» (NZM), die 2005 vom Jahrbuch «Forum Mission» abgelöst wurde, ein Schwerpunkt der Gemeinschaft.

Erste Station: China

Schon 1924 reisten die drei ersten Missionare nach China, wo sie zuerst bei den Steyler Missionaren in Yanzhou in der Provinz Süd-Shandong die chinesische Sprache und Kultur kennenlernten. Im Juni 1925 sicherte ihnen der Apostolische Delegat Celso Costantini ein eigenes Missionsgebiet zu, die Apostolische Präfektur Qiqihar, im äussersten Norden Chinas.

Am 19. März 1926 kamen Paul Hugentobler und Eugen Imhof in Qiqihar an, während Gustav Schnetzler das Dorf Changfatun übernahm. Die SMB widmete sich dem Aufbau lokaler christlicher Gemeinden und zusammen mit den Ingenbohler Schwestern dem Aufbau der medizinischen Versorgung und der schulischen Bildung. 1940 waren dort 42 SMB Priester tätig. 1953 wurden die meisten ausgewiesen, der letzte verließ 1954 China.

Von der Gebietsmission zu missionarischen Einsätzen

1938 begann die SMB ihre Arbeit in Afrika im damaligen Süd-Rhodesien, dem heutigen Simbabwe. Zeitweise arbeiteten in der grössten afrikanischen Mission weit über 100 Mitglieder im Aufbau der Lokalkirche, im Schul- und Gesundheitswesen, in den Medien und der Handwerkerausbildung.

1948 sandte die SMB die ersten Missionare in den Iwate-ken im Norden Japans. Im gleichen Jahr begann die SMB mit ersten Laieneinsätzen im damaligen Fort Viktoria (Südrhodesien), heute Masvingo (Simbabwe).

Nach der Ausweisung der letzten Missionare aus China begann 1953 die SMB in Taiwan und Kolumbien mit ihrer Arbeit.

1975 begannen Equipeneinsätze in Peru, 1977 in Ecuador, 1978 in Kenia und 1985 auf den Philippinen. Am Generalkapitel 1981 wurde die «Ganzheitliche Befreiung» mit folgenden drei Optionen formuliert:

  • Option für und mit den Armen
  • Einsatz für Menschenrechte
  • Aufbau von Basisgemeinden

1992 begann die SMB mit ersten missionarischen Einsätzen in Bolivien.

Weichenstellungen für die Zukunft

1993 verfasste das Generalkapitel eine Grundsatzerklärung zur missionarischen Präsenz mit dem Leitmotiv «Was wir sind, spricht mehr, als was wir sagen». 1994 tritt die SMB erstmals unter dem Werbetitel «Bethlehem Mission Immensee» (BMI) in der Öffentlichkeit auf. Die Missionsgesellschaft Bethlehem (SMB) hat ihren angestammten Sitz in Immensee. Mit ihrer Leitung und Administration begleitet sie ihre missionarischen Einsätze in Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa.

Am zwölften ordentlichen Generalkapitel im Jahr 2013 setzte sich die SMB intensiv mit ihrer Zukunft auseinander. Themen waren unter anderem die Erarbeitung eines Leitbildes, ein Dokument zur zunehmenden Überalterung der Mitglieder sowie die generelle Zukunft der SMB als Missionsgesellschaft. An diesem Generalkapitel wurde auch der Grundstein zum Wohnbauprojekt «Wohnen im Bethlehem» gelegt.

Die nächste Mission: Wohnen im Bethlehem

Die SMB ist im Besitz mehrerer Gebäude und Grundstücke, die meist von Privatpersonen der Missionsgesellschaft geschenkt wurden. 2013 hat sich die SMB entschieden, auf ihrem Grundstück beim Mutterhaus in Immensee eine Mehrgenerationensiedlung zu realisieren. «Wohnen im Bethlehem» wird vom Verein Missionshaus Bethlehem in vier Etappen bis voraussichtlich 2030 realisiert.

Insgesamt werden in den zwölf neuen Gebäuden rund 180 Wohnungen zu fairen Mietzinsen realisiert. Die neue Siedlung steht für ein gemeinschaftliches Zusammenleben und bietet ihren Bewohnerinnen und Bewohnern zahlreiche Zusatzleistungen wie Unterstützung im Alltag, Kinderbetreuung und Gemeinschaftsräume. Sie soll ein Zeichen des Dankes an den Bezirk Küssnacht am Rigi und dessen Einwohnerinnen und Einwohner für deren Gastfreundschaft sein – aber auch Werte und Philosophie der SMB in die Zukunft tragen.

Mit der BSZ-Stiftung in Seewen und der Viva Group AG in Luzern wurde zudem eine Absichtserklärung für 2022 unterzeichnet, um die Umsetzung eines gemeinsamen Projekts näher zu klären.

Mitwirkung von Laien und Frauen

Als Folge der Aufwertung der Laien im missionarischen und kirchlichen Dienst durch das Zweite Vatikanische Konzil und eines neuen Missionsverständnisses arbeiteten immer mehr Laien in den Projekten der SMB mit. Es entstanden die ersten gemischten Einsätze von Laien und Priestern (sogenannte Equipen).

Das SMB-Generalkapitel 1967 verankerte die «Arbeit auf Ablösung hin» in ihren Dokumenten. Sie übernahm nicht mehr zugeteilte Gebiete (territoriales Prinzip), sondern begann mit zeitlich befristeten Projekteinsätzen. Ein erster derartiger Einsatz wurde 1969 in Sambia begonnen.

Das Generalkapitel 1974 bestätigte als neue Form der missionarischen Arbeit die Projekteinsätze. Dabei waren folgende Hauptmotive prägend:

  • die wesentliche Verbindung von Mission und Entwicklungszusammenarbeit
  • die Partnerschaft mit den Ortskirchen
  • die ökumenische Grundausrichtung

Das Generalkapitel 1988 bestätigte die Optionen von 1981 und verstärkte sie durch die Betonung der gleichberechtigten Stellung der Frau. Die SMB gibt ihr nahe stehenden Frauen und Männern die Möglichkeit, sich in der «Assoziation» zu organisieren und am missionarischen Auftrag teilzuhaben.

Erweiterung der Trägerschaft

Dem Wandel des Missionspersonals trug das Generalkapitel ebenfalls Rechnung und verfasste ein Leitbild im Hinblick auf eine erweiterte Trägerschaft. Die Grundoptionen sind:

  • die Verkündigung des Gottes des Lebens
  • der Einsatz mit und für die Benachteiligten
  • und der interkulturelle und interreligiöse Austausch

Am 30. Juni 2000 wurde die Assoziation in den „Partnerverein Bethlehem (PaV)“ überführt. Der 17. November 2000 ist das Gründungsdatum des Vereins «Bethlehem Mission Immensee (BMI)» nach Art. 60ff des ZGB. Als Name für den Verein wurde der seit 1994 gebrauchte SMB-Werbetitel «Bethlehem Mission Immensee» übernommen.

Träger des Vereins waren damals der Verein Missionshaus Bethlehem, welcher die Missionsgesellschaft Bethlehem (SMB) zivilrechtlich vertritt, und der Partnerverein Bethlehem (PaV). Damit konnte der missionarische Auftrag der SMB auf eine breitere Trägerschaft abgestützt werden mit dem Ziel, dass Laien und Mitglieder gleichberechtigt und partnerschaftlich über die Planung und Durchführung des missionarischen Auftrags entscheiden würden.

Am 11. ordentlichen Generalkapitel der SMB im Jahr 2008 wurde das Modell der beiden Träger der Bethlehem Mission Immensee als eine positive Weise einer gemeinsamen gleichberechtigten Trägerschaft bestätigt.

Gemeinsame Werte – eigene Wege

Am 25. Juni 2011 kam die partnerschaftliche Struktur des im Jahr 2000 gegründeten Vereins «Bethlehem Mission Immensee (BMI)» durch einen Beschluss ihrer Generalversammlung zu einem Ende. Dabei löste sich der Partnerverein als Mitträger des Werkes auf und die Missionsgesellschaft Bethlehem blieb, was sie vor 2000 bereits war.

Unter dem gleichen Namen «Bethlehem Mission Immensee» bildete sich gleichentags ein Verein, der eine von der Missionsgesellschaft Bethlehem juristisch, administrativ und finanziell unabhängige und eigenständige Nicht-Regierungsorganisation (NGO) ist. Im Sommer 2013 verlegte er seinen Sitz ins RomeroHaus in Luzern, das er von der SMB käuflich erwarb.

Die BMI arbeitet über Comundo eng mit den Entwicklungshilfswerken zusammen. Heute existieren beide Organisationen – die SMB und die BMI – nebeneinander und arbeiten für die gemeinsame Vision einer besseren, gerechteren Welt – jede auf ihre spezifische Weise. Der Generalobere der SMB, der Präsident des Vereins Missionshaus Bethlehem, der Präsident des Vereins Comundo und die Geschäftsleiterin von Comundo treffen sich zu regelmässigen Gesprächen.

Die SMB wird 100 Jahre alt

Mit der Fertigstellung der ersten Etappe von Wohnen im Bethlehem und dem anstehenden runden Geburtstag verpasst sich die Missionsgesellschaft Ende 2019 ein neues Erscheinungsbild und einen neuen Namen: Im Bethlehem. Das aus vier Herzen bestehende Symbol steht für das vielfältige Wirken und Schaffen der Missionsgesellschaft:

Die Herzform bildet die Basis des neuen Logos der Missionsgesellschaft Bethlehem.
Vier solcher Herzen schieben sich ineinander ...
... und bilden das Logo der SMB.
  • Ein Herz bezeichnet die SMB, die mit dem Namen «Bethlehem» für die Menschwerdung Jesu im Sinne von Mitmensch-sein steht.
  • Ein Herz steht für die Missionsgesellschaft, die sich in den Dienst der Armen, Benachteiligten und Ausgeschlossenen stellt.
  • Ein Herz versinnbildlicht den achtungsvollen Austausch und die respektvolle Zusammenarbeit mit Menschen anderer Kulturen und Religionen.
  • Ein Herz steht für die entstehende Wohnsiedlung in Immensee und deren Ausstrahlung auf das nähere und weitere Umfeld.

Ende Mai 2021 jährt sich die Verleihung des päpstlichen Dekrets zum 100. Mal. Die dreitägigen Feierlichkeiten wurden infolge der Coronapandemie um ein Jahr auf das Wochenende vom 6. bis 8. Mai 2022 verschoben.